Im Sommer 2011 hat Apple die Plastik-Version des MacBooks eingestellt. Seit damals gibt es kein Macbook ohne Namenszusatz mehr. Übrig geblieben ist das etwas günstigere MacBook Air und das etwas teurere MacBook Pro (+ Retina). Heute, fast vier Jahre später, wurde wieder ein pures „MacBook“ vorgestellt. Doch mit dem ursprünglichen Macbook-Konzept von damals hat es wenig zu tun. Trotzdem ist es ein interessanter Schritt von Apple und ein weiteres Zeichen, dass Apple ein Gewohnheitstier ist. Das gerne wiederholt, was in der Vergangenheit gut funktioniert hat.

Damit man Apples Notebook-Lineup versteht, muss man einen Blick zurück ins Jahr 2008 werfen. In dem Jahr, wo Apple ebenfalls nur zwei Produkte im Sortiment hatte: Das aus Plastik gefertigte MacBook und das Alu MacBook Pro. Während das MacBook für den Casual-Gebrauch gedacht war, kam das MacBook Pro hauptsächlich bei anspruchsvollen Tasks zum Einsatz. Im Januar 2008 stand schließlich Steve Jobs auf der Bühne und zog das neue MacBook Air aus einem Briefumschlag. Und damit meine ich sprichwörtlich aus einem Briefumschlag.

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Denn was heute schon fast üblich ist, galt damals als Quantensprung und sorgte für tobenden Applaus: Ein Notebook mit so geringen Abmessungen, dass es in einen Briefumschlag passt. Doch das MacBook Air war kein Gerät für Jedermann. Vielmehr war es ein Nischenprodukt für Leute, die Ultra-Mobilität als kein nettes Extra, sondern als Muss sehen. Zu kompromissbehaftet war das Produkt für die breite Masse: Ein extrem niedrig getakteter Prozessor, nur 80 GB Festplattenspeicher, Mono-Lautsprecher und ein Grafikchip, der sich den RAM mit dem System teilt. Nicht zu vergessen: nur 1 USB-Anschluss, kein Netzwerk-Port, kein Audio-In und kein DVD-Laufwerk. Das fehlende DVD-Laufwerk ist heute kein Problem, kein aktueller Laptop von Apple wird mit einem solchen ausgeliefert, aber damals war genau das ein großer Kritikpunkt. So groß, dass Apple sogar ein ansteckbares USB-DVD-Laufwerk veröffentlicht hat. Heute kauft man Software im Internet, streamed Musik und Filme übers Netz und brennt auch keine CDs mehr um Daten von Computer A zu Computer B zu bekommen. Damals schon. Als ich mir zwei Jahre später mein MacBook Air gekauft habe, wurde ich noch belächelt, warum ich mir einen Laptop ohne Laufwerk kaufe. Weitere zwei Jahre später konnte ich mich über die Leute amüsieren, die sich damals zeitgleich für einen Laptop mit DVD-Laufwerk entschieden haben. Ähnlich der fehlende Netzwerk-Anschluss. In Zeiten von langsamen Wifi-Netzwerken, wo man sich oft Gedanken machen musste, ob man denn überhaupt ein Wifi zur Verfügung hat, war ein Netzwerk-Anschluss ein wertvolles Asset im täglichen Gebrauch. Aber Zeiten ändern sich und schnell ist ein kabelgebundenes Netzwerk sehr old-school und die optischen Medien waren schnell ein Auslaufmodell. Und genau für dieses Gespür liebe ich Apple. Immer einen Tick vor der restlichen Industrie zu sein. Viel zu oft haben sie die Industrie als ganzes nach vorne zu getrieben.

Sieben Jahre später stehen wir nun vor einer ähnlichen Situation. Es gibt das MacBook Air als „casual“ Consumer-Notebook und das MacBook Pro für rechenintensivere Tasks und den „Pro-Bereich“. Dünne Laptops wie das MacBook Air sind heutzutage normal, es hat viele seiner ursprünglichen Beschränkungen abgeworfen und die Beschränkungen haben sich selbst gelöst. Und schon hat das Air für Apple keinen Sonderstatus mehr. Es ist quasi das Modell, das man jedermann empfehlen kann. Egal ob Schüler, Student, Eltern oder Freunden. Wer keinen triftigen Grund hat, braucht auch nicht zu einem Pro greifen. Aber Apple wäre nicht Apple, wenn es nicht versucht den Status Quo nach vorne zu pushen. Introducing, Macbook. Again.

Wie das MacBook Air aus dem Jahre 2008 ist auch das neue 12″ MacBook ausdrücklich kein Notebook, das ich jedem empfehlen kann. Eigentlich würde ich sogar den meisten Leuten davon abraten. Außer eben, wenn man einen sehr triftigen Grund hat und ganz genau weiß, auf was man sich dabei einlässt. Wie damals ist das 12″ MacBook das Notebook, das die Zukunft zeigt, aber sich im Jahr 2015 noch nicht so wirklich wohl fühlt. Zu groß sind (noch) die Limitierungen, Einschränkungen und Kompromisse: Nur ein einzelner USB-Anschluss, der gleichzeitig für die Stromversorgung zuständig ist, mit einem Stecker, zu dem es noch kaum Kabel und Endgeräte gibt. Ein schwächerer Prozessor. Kein SD-Karten-Slot. Kein Mag-Safe Ladekabel.

Dafür bekommt man wieder ein Ultra-Mobiles Notebook. Ein Notebook, das dünner ist als so manche iPad Keyboard-Hülle. Ein Notebook, das wiederum die Zukunft zeigt. Eine Zukunft, wo der eine USB-Anschluss kein Problem ist. Weil alles kabellos verbunden wird, man Präsentationen über Wifi auf den Beamer oder Fernseher überträgt, man alles übers Internet synchronisiert und Tastaturen und Mäuse über Bluetooth verbunden werden. Eine Zukunft, wo der fehlende SD-Karten-Slot kein Problem ist. Weil man seine Fotos von der Kamera über Wifi überträgt oder die Kamera diese selbstverstänlich in der Cloud ablegt. Oder man gar keine separate Kamera mehr besitzt, weil man seine Fotos ausschließlich am Smartphone knippst. Eine Zukunft, wo niemand mehr Mag-Safe braucht. Weil integrierte Wireless-Ladepads im Tisch den Laptop automatisch aufladen. Eine Zukunft, die komplett kabellos ist. Und genau für so eine Zukunft ist das neue MacBook gemacht. Dafür wirkt es 2015 aber fremd. Und komisch. Genau wie es das MacBook Air im Jahr 2008 getan hat.

Das aktuelle Lineup bleibt also weiterhin ein altbewährtes Apple Konzept: Eine Pro-Version für technisch anspruchsvolle Arbeiten, eine Konsumer-Version und eine Ultra-Portable Version für Leute, die sich der Kompromisse bewusst sind. In ein paar Jahren sehe ich die Konsumer-Version wiederum mit der Ultra-Portable Version verschmelzen und der Zyklus beginnt von vorne.