Microsoft hat einigen Bloggern aus Österreich Surface-Geräte für die Zeit der re:publica in Berlin zur Verfügung gestellt. Ich habe mich für das Surface 2 mit Windows 8.1 RT entschieden – ja, absichtlich für die Version mit ARM-Prozessor, weil ich der Meinung bin, dass die Metro-Oberfläche von Windows 8.1 für ein portables Tablet absolut ausreicht und ich sowieso keine Desktop-Windows Programme nutze(n will). Ich habe das Surface als einziges Gerät jeden Tag zur Konferenz mitgenommen. Hier sind meine Erfahrungen damit:

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1. Mehrere Apps nebeneinander

Eigentlich DAS Feature von Windows 8.1 auf Tablets. Während iOS überhaupt kein paralleles Multitasking erlaubt und manche Android-Hersteller nur halbgare Zwischenlösungen in ihre Tablets einbauen, hat Windows 8.1 Splitscreen Multitasking direkt eingebaut. Gerade auf Konferenzen wie der re:publica ist das ein unverzichtbares Feature und der Grund, warum ich sonst immer mein Macbook Air mitschleppe. Ich brauche ganz einfach mehrere Sachen gleichzeitig im Bild. Etwas im Internet suchen und gleichzeitig die Tweets zur #rp14 im Blick haben, eine Mail schreiben und im Kalender etwas nachschlagen, Video-Skypen und daneben Notizen machen. Das sind nur einige Szenarien, die paralleles Multitasking so unverzichtbar machen.

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Das Window-Management ist ein Punkt, den Microsoft gut umgesetzt hat. Denn damit Splitscreen-Multitasking gut funktioniert, muss auch die User Experience dazu stimmen. Man kann die Apps nach belieben entweder auf den rechten oder den linken Rand ziehen, um den Splitscreen-Modus zu starten. Je nach Priorität kann man die Verteilung der Apps am Screen variieren. Öffnet man eine neue App, hat man die Wahl, welche der Apps ersetzt werden soll.

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All das funktioniert überraschend gut und man fragt sich, warum die Konkurrenz kein ähnliches Feature zu bieten hat. Für mich eines der Killer-Features von Windows 8.1, das viel zu wenig als solches beworben und wahrgenommen wird.

2. Datei-Management

Die Tatsache, dass Dateien unter iOS keinen gemeinsamen Shared-Speicherplatz verwenden können ist nervig, dass Apple jedoch auch keine Schnittstelle zur Integration der Apps bietet, ist gänzlich unverständlich. Was ich sehr an Windows 8.1 schätze ist die Möglichkeit für Apps, sich selbst als Speicherquelle zur Verfügung zu stellen. Dropbox scheint beispielsweise als ganz normaler Speicherplatz auf sobald man die App installiert hat. Zusätzlich können Apps auf einen gemeinsamen Speicherplatz oder ein Netzlaufwerk zugreifen (zB wie Eigene Dokumente unter Windows 7), was das Arbeiten mit unterschiedlichen Apps an einer Datei extrem angenehm macht.

Ein ganz einfaches Beispiel: Versucht doch einmal ein Word-Dokument am iPad zu verfassen und zu einem PDF konvertieren und dieses dann gemeinsam mit ein paar Bildern als gezippte Datei zu versenden. Viel Spaß beim Verzweifeln ;-)

3. Systemweites Sharing

Etwas, das ebenfalls besser wie bei iOS gelöst ist: Windows 8.1 bietet einen systemweiten Sharing-Dialog. Das System weiß, welche Art von Inhalt gerade am Bildschirm dargestellt wird und schlägt jederzeit passende Sharing-Möglichkeiten vor. App-Entwickler können ihre Apps als Quelle für bestimmte Dateitypen registrieren und durch einen Klick erscheint der Sharing-Dialog auf der Seite. Alles ohne die ursprüngliche App zu verlassen.

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Wenn man sich erstmal mit dem Gedanken vertraut gemacht hat, dass man Inhalte am Display jederzeit über andere Apps teilen kann, hat man mit dem systemweiten Sharing-Dialog ein sehr mächtiges und bequemes Tool zur Hand.

4. Das On-Screen-Keyboard

Das On-Screen-Keyboard hat ein paar kleine, aber dennoch nette Dinge eingebaut, die mir im täglichen Betrieb sehr positiv aufgefallen sind. Da wäre zum einen die Möglichkeit direkt mit „<“ und „>“-Tasten in der Zeile zu navigieren. Was beim iPad immer sehr nervig ist, wenn man zu einem bestimmten Buchstaben im Text kommen will, ist über die zwei Tasten ganz einfach möglich. Außerdem sind die Nummern-Tasten nicht horizontal nebeneinander angeordnet, sondern als Ziffernblock. Das macht das Eingeben von langen Zahlenfolgen sehr einfach. Der dritte Trick im Bunde ist die Möglichkeit, mit STRG die üblichen Shortcuts wie Kopieren, Einfügen oder Rückgängig direkt im Keyboard auszuführen, womit man sich gegenüber der Touch-Bedienung viel Zeit erspart.

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5. Was man lernen muss ..?

Ja, Windows 8.1 ist anders als Windows 7. Ja, es ist anders als iOS und anders als Android. Was man immer im Hinterkopf behalten sollte ist, dass ein anderes System auch anders bedient werden will. Wer von einem Konkurrenzsystem umsteigt, muss sich auf eine kurze Eingewöhnungszeit einstellen und auch öfters seine Arbeitsabläufe umdenken.

Grundsätzlich gibt es ein paar Sachen, die man umbedingt wissen sollte: Das User Interface von Windows 8.1 Apps ist grundsätzlich sehr „leer“. Das liegt daran, dass viele Funktionen im Applikations-Menü versteckt sind, das man durch einen Swipe von unten öffnet. So verstecken sich beispielsweise die Adressleiste und die Tabs im Browser hinter dieser Geste. Unter Windows 8.1 verwendet fast jede App dieses Interface und man sollte sich die Geste am besten gleich am Anfang verinnerlichen. Das Gleiche gilt für den Swipe von oben, der in den meisten Fällen ebenfalls das Applikation-Menü öffnet.

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Ähnlich verhält es sich mit dem Swipe von rechts, der ein systemweit gleiches Menü öffnet. Dieses funktioniert jedoch IMMER im Kontext der aktuellen App. Man findet darin die App-Suchfunktion, das Sharing-Menü, eine Möglichkeit den Inhalt an Geräte (wie einen Drucker oder ein Smartphone via NFC) zu schicken. Außerdem gibt es einen Button für Einstellungen, wo immer die Einstellungen der gerade geöffneten App angezeigt werden. Wenn man erst einmal verstanden hat, dass diese vier Funktionen IMMER an der selben Stelle – und zwar via Swipe von rechts – zu finden sind, findet man sich gleich viel besser zurecht. Man weiß zum Beispiel sofort wo man die Optionen oder die Druckfunktion in der App XYZ findet, obwohl man die App noch nie geöffnet hatte.

6. Microsoft, wir müssen reden …

Eine Woche mit dem Surface 2 hat mir gezeigt, dass Microsoft mit Windows 8.1 tatsächlich vieles richtig/neu/anders gemacht hat. Es steht jedoch komplett im Gegensatz zu dem, was derzeit in den Medien und in den Köpfen der Leute steckt. Microsoft hat damals den Start von Windows 8 leider verpatzt. Im Vergleich zu Windows 8.1 war Windows 8 (ein wirklich nicht gut bedienbares) System und es hat die Meinung von vielen Leuten gegenüber der Metro-Oberfläche negativ geprägt. Die frischen User Interface-Ansätze, die erst im 8.1 Update wirklich gut umgesetzt wurden, sind eine willkommene Differenzierung von iOS und Android, auf die man sich aber als Benutzer auch einlassen muss.

Ich verstehe auch nicht, warum die RT-Version von Windows 8.1 überhaupt einen Desktop hat. Ich habe diesen während der gesamten Testzeit kein einziges mal geöffnet. Microsoft wäre gut beraten, die „Funktion“ zu entfernen. Einzig die Office-Apps brauchen die Desktop-Oberfläche am RT derzeit. Die Frage ist, ob man diese nicht einfach auch immer Fullscreen starten und den Desktop somit abschaffen könnte. Jedenfalls würde das System so für den Benutzer viel konsistenter wirken – vor allem für RT-Nutzer, die mit dem Desktop eh nichts anfangen können.

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Das Surface 2 ist ein gutes Gerät. Es ist mehr als ein iPad aber weniger als ein herkömlicher Laptop. Dank Multitasking kann man damit angenehmer arbeiten als mit einem iPad, wo man häufig zwischen Apps herumspringen muss. Lediglich der App Store hinkt bei Windows 8.1 noch hinter dem der Konkurrenzplattformen her. Zwar gibt es für viele/alle Einsatzzwecke eine App, jedoch ist diese meistens nicht auf dem gleichen Niveau wie das Pendant auf iOS. Nichtsdestotrotz kann man das Surface 2 empfehlen. Es eignet sich für Konferenzen wie die re:publica genauso wie beim Fernsehen am Sofa als Second Screen.