Microsoft hat heute mit dem Microsoft Band sein eigenes Fitness-Armband vorgestellt, das außerdem mit ein paar Smartwatch-ähnlichen Funktionen ausgestattet wurde. Auch wenn die Hardware heute den Großteil der Aufmerksamkeit bekommen hat, ist es eigentlich der dahinterstehende Service, der Microsofts Produkt interessant macht. Microsoft Health ist eine Cloud-Plattform, in die beliebige Fitness- und Körperdaten eingespeist werden. Dabei beschränkt sich Microsoft nicht nur auf sein eigenes Armband, sondern öffnet Health über offene Schnittstellen auch für externe Dienste. Das Ziel ist dabei klar definiert: Möglichst viele Daten in den Dienst zu pushen. Microsofts Armband selbst hat 10 Sensoren, die ständig den Status des Körpers messen. Neben dem Pulsschlag oder der Schlafqualität wird zum Beispiel auch die elektrodermale Aktivität einbezogen, die Einblicke in den Stresslevel des Träger bietet.

Soweit so gut. Sensoren messen Daten und die „smarten“ Geräte zeigen sie ohne große Verarbeitung an. Ähnliche Ziele hatte auch Apple bereits: Ein zentraler Datenspeicher, gespeist durch verschiedenste Apps und Services um den eigenen Fitness-Level einschätzen zu können. Doch wo Apples Dienst aufhört, fängt Microsoft Health erst an. Zentrales Element ist nämlich nicht nur die Speicherung und Anzeige der Daten, sondern die Auswertung. Microsoft will nicht nur Schrittzahlen oder den Verlauf der Pulskurve anzeigen, so wie Apples Healthkit das derzeit macht, sondern sein Wissen über Machinelearning, Cloud Computing und Big Data anwenden, um daraus interessante Analysen und Vorschläge für den Nutzer zu generieren. Microsoft hat in den letzten Jahren gigantisches Wissen in diesen Gebieten angehäuft, aus dem unter anderem Produkte wie Cortana, Kinect oder das Spracherkennungs- und Prediction-System hervorgegangen sind.

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Genauso wie Cortana wird auch Microsoft Health regelmäßig mit neuen Updates versorgt. Diese kommen aber nicht in Form von Updates der zugehörigen Apps, sondern spielen sich rein in Microsofts Rechenzentren ab. Zum Start des Dienstes sind zum Beispiel solche Analysen zu erwarten:

  • Which exercises burned the most calories during a workout
  • The recommended recovery time based on the intensity of a workout
  • The amount of restful vs. restless sleep

Doch Microsoft Health wird intelligenter und genauer, je mehr Daten in den Dienst eingepflegt werden. Er lernt nicht nur den jeweiligen Benutzer genauer kennen sondern kann die Masse an Daten miteinander vergleichen und daraus Schlüsse ziehen. Der zweite Punkt oben ist ein gutes Beispiel, wie so etwas funktionieren kann: Microsoft Health bekommt Daten von mehreren tausend Benutzern und weiß ganz genau, wann sich durchschnittlich der Puls nach einem Workout wieder normalisiert. Und auch, wann der durchschnittliche Nutzer in der Vergangenheit wieder ein Workout beginnen konnte, sodass erstmals wieder die volle Leistungsfähigkeit gegeben war. Aus diesen Daten lässt sich auf die Ruhezeit schließen. Nicht nur für die Gesamtheit der Nutzer, sondern im Idealfall für jeden Menschen individuell.

Nach und nach werden auch Services wie Office, der Kalender und weitere Dienste in das Intelligence Tool einbezogen werden. Je mehr Daten der Nutzer zur Analyse freigibt, desto besser werden Ergebnisse. Die Masse an Informationen und das Finden von Mustern darin wird Auskünfte sichtbar machen, an die man selbst gar nicht denken würde. Hier einige Beispiele:

  • Fitness performance relative to work schedule
  • Whether eating breakfast helps you run faster
  • If the number of meetings during the day impacts sleep quality.

Die Möglichkeiten sind unbegrenzt und das macht die Sache auch so spannend. So könnte zum Beispiel eines Tages eine Notification am Bildschirm erscheinen, die darauf hinweist, dass der Nutzer in 25 der letzten 50 Läufe schneller war, weil er am Abend davor weniger gegessen und dadurch besser geschlafen hat. Während man bei anderen Fitness-Aggregatoren diese Analysen Sachen selbst durchführen muss und das menschliche Gehirn wegen beschränkter analytischer Kapazitäten dazu überhaupt nicht fähig ist, wird Machine Learning und Big Data diese Probleme lösen. Selbst solche Zusammenhänge, auf die man selbst gar nicht kommen würde.

Und genau deswegen bin ich viel gespannter auf Microsoft Health als auf das Fitnessarmband. Auch wenn das Band wahrscheinlich eine Schlüsselfunktion zum Sammeln der Daten sein wird – und dadurch ein notwendiges Übel.

PS: Das Produkt ist wiedermal eine tolles Beispiel, dass Microsoft es einfach nicht schafft, seine Ideen und Produkte ansprechend in Szene zu setzen. Sowohl das Microsoft Band als auch Health sind viel spannender als die Präsentation der Produkte war. Wenn man über drei Jahre in die Entwicklung eines solchen Produkts investiert, das durchaus massive Vorteile gegenüber der Konkurrenz hat, sollte man sich auch die Zeit für eine anständige Ankündigung nehmen und zeigen, dass man selbst stolz darauf ist. Stolz ist nämlich jene Sache, die Apple Keynotes so toll macht. Man sieht, dass die Leute bei Apple auf der Bühne stolz auf ihre eigenen Produkte sind. Microsoft auf der anderen Seite läuft einen 41,5 km langen Marathon und gibt auf den letzten paar hundert Metern auf. Und geht dann obendrauf nicht zur Siegerehrung.  

PS 2: Datenschutz-Bedenken wurden in diesem Artikel absichtlich ausgeblendet. Hier muss jeder selbst entscheiden, wie er das handhabt. Positiv ist zu vermerken, dass Microsoft sehr wohl Ahnung mit Datensicherheit hat und ich dem Unternehmen mehr traue als Google, Facebook oder einem anderen unabhängigen Fitness-Dienst. Und ja, auch mehr als Apple, die nicht so viel Erfahrung bei Cloud-Diensten haben.