Microsoft hat heute auf der Windows Phone Summit einen ersten Ausblick auf die kommende Windows Phone 8-Plattform gegeben. Größte Neuerung ist eindeutig die gemeinsame Code-Basis mit Windows 8, wodurch Windows Phone mit einem erprobten Technologie-Grundstock aufgewertet wird. Das soll vor allem Entwicklern zu gute kommen, die Desktop-Apps schneller auf Smartphones und natürlich auch umgekehrt portieren können. Für Konsumenten bedeutet dies einerseits bessere und aktuellere Apps und andererseits ein stabiles Betriebssystem. Hardware-Hersteller erhoffen sich schnellere Entwicklungszeiten, weil Treiber und System-Komponenten nur einmal geschrieben werden müssen und dann sowohl für den Desktop- als auch den Phone-Bereich funktionieren. Das schlägt sich unter anderem auch bei der Prozessor-Unterstützung nieder. Während Windows Phone 7 nur Single-Core Prozessoren unterstützt, hat die neue Version theoretisch die Möglichkeit mit bis zu 64 Prozessorkernen umzugehen. Multi-Core Support in neuen Smartphones steht deswegen nichts mehr im Wege.

Auch mit einem weiteren Kritikpunkt aktueller Windows Phone-Geräten wurde endlich aufgeräumt. Die neue Version des Betriebssystems unterstützt endlich höher aufgelöste Displays. Zwei verschiedene Auflösungen gesellen sich zur derzeitigen Standard-Auflösung hinzu: Demnächst können auch 1280×768 und 1280×720 Pixel Displays von den Herstellern verwendet werden. Angeblich sollen Apps für die verschiedenen Auflösungen ohne Mehraufwand lauffähig sein und nur wenig bis keine Anpassungen benötigen. Da kommt einem sicherlich das Typografie-lastige Design entgegen.

Während Nokia in einer speziellen Version des Lumia 610 bereits einen NFC-Chip integriert hat, fehlt eine systemweite Integration von NFC bisher in der Windows Phone-Plattform. In Version 8 wird diese endlich fest im Betriebssystem eingebaut sein und unter anderem zur Übertragung von Daten verwendet. Ein weiteres Feature, das von Nokia übernommen wurde, sind die Maps- und Drive-Apps. Beide waren bisher nur auf Nokia-Devices vorhanden und gehören ab Windows Phone 8 zum System-Inventar. Bing Maps wird damit in den Ruhestand geschickt – endlich, vor allem, weil die Nokia Karten um einiges besser sind und jetzt auch andere Hersteller in Genuss von kostenloser Turn-By-Turn-Navigation kommen.

Im Bereich Mobile Payments will Microsoft ebenfalls nichts dem Zufall überlassen. Die Redmonder stellen einen Mix aus Googles NFC-Zahlungsdienst und Apples Passbook vor. Das Beste aus beiden Welten sozusagen. Mit „Wallet“ hat man seine Coupons, Boarding Pässe, Kundenkarten sowie Kredit- und Bankomatkarten immer bei der Hand. Zusätzlich fungiert Wallet als NFC-Zahlungsmittel.

Auffälligstes Feature der Vorstellung ist eindeutig der neue Homescreen mit mehr Einstellungsmöglichkeiten und Platz für Live-Tiles. Letztere lassen sich in der neuen Version vom Benutzer in Größe und Form ganz dem eigenen Geschmack anpassen und beliebig am Bildschirm positionieren. Die schwarze Leiste rechts ist verschwunden und der Platz kann jetzt ebenfalls mit Live-Tiles belegt werden.

Auch für Entwickler hatte Microsoft auch einiges in Petto. Durch die Shared-Code-Base von Windows 8  bekommen Entwickler die Möglichkeit, nativen Code in C oder C++ auszuführen. Mitsamt einer ganzen Menge Gaming-Middleware und DirectX-Programmierschnittstellen wird vor allem Spiele-Entwicklern die Arbeit künftig sehr erleichtert. Auch die Möglichkeit In-App-Purchases durchzuführen, wird vor allem in der Gaming-Branche für Begeisterung sorgen. Ein weiterer Punkt ist die bessere Integration von Skype ins System. Anrufe über Skype werden zukünftig wie normale Anrufe dargestellt und auch gleich behandelt. Diese Funktion bleibt jedoch nicht nur Microsofts eigenem Dienst vorbehalten, im Grunde kann jeder Drittanbieter-VoIP-Dienst eine ähnliche Integration anbieten. Auf der Bühne von Microsoft wurde sogar in Richtung Apple gescherzt, dass eine Facetime-Funktion in Windows Phone 8 wahrscheinlich besser ins System integriert wäre als in iOS.

So gut sich diese Verbesserungen auch anhören mögen, ein Wermutstropfen bleibt: Derzeitige Smartphones mit Windows Phone 7.5 werden kein Update auf die Version 8 des Betriebssystems erhalten. Dies soll aus technischen Gründen nicht möglich sein. Anstelle dessen wurde für die 7er-Reihe ein weiteres Update angekündigt: Windows Phone 7.8 bringt einige Features und Funktionen von Windows Phone 8 auf ältere Geräte. Dazu gehört beispielsweise der neue Homescreen, wodurch wenigstens der größte Hingucker auch auf ältere Smartphones ausgeliefert wird.

Insgesamt ein äußerst spannendes Event, das Microsoft heute auf die Beine gestellt hat. Microsoft schafft mit der Windows 8-Welt ein erstaunliches Ökosystem, das man durch die Marktmacht von Windows im Desktop-Bereich auf keinen Fall unterschätzen sollte. Mich würde es nicht wundern, wenn Microsoft genau durch die Übermacht von Windows 8 auch im Mobile-Sektor den Durchbruch schafft. Der Marketplace wird besonders von dem Umstieg auf die neue Software-Architektur profitieren. Wenn die Apps wirklich so schnell und ohne viel Aufwand zwischen den Plattformen portiert werden können ist das ein sehr großer Vorteil für Windows Phone.

Wer noch wissen will, was Nokia auf der Windows Phone Summit vorgestellt hat –> hier entlang!