Seit 2012 lebe ich mit einem Windows Phone. Das Nokia Lumia 920 löste damals mein altes iPhone 4 ab. Darauf folgte das Lumia 925, Lumia 1020 und schließlich das Lumia 930. Es war eine Zeit, wo Apple es nicht mehr schaffte, die gleiche Faszination wie ein paar Jahre zuvor in mir auszulösen. Windows Phone hingegen war frisch, irgendwie anders und interessant. Ich ließ mich auf Microsofts Betriebssystem ein, in vollem Bewusstsein, dass die App Situation katastrophal war. Aber Nokia hatte coole Hardware: Farbige, schöne Smartphones mit Kameras, die auch ohne Blitz in der Nacht sehen konnten. Genau solche Sachen haben wieder ein wenig Funkeln in den Augen ausgelöst, die Faszination war zurück.

Drei Jahre später steht das Betriebssystem dank Windows Phone 8.1 auf einer Stufe mit den Konkurrenzplattformen. Microsoft hat seit dem Management-Wechsel einen beachtenswerten Drive bekommen. Windows 10 ist auf einem guten Weg und die App-Situation hat sich deutlich gebessert. Mit dem Lumia 930 bekommt man ein kompetentes Flagship-Smartphone, das designtechnisch eines der schönsten Lumia-Geräte ist. Soweit – so gut.

Aber warum wechselst du dann zurück zum iPhone? 2 Gründe.

1.) Snapchat

Microsoft hat ein großes Problem. Ein Problem namens Snapchat. Eine App, die sich mit Händen und Füßen gegen eine Windows Phone-Umsetzung wehrt, sich auf der anderen Seite aber zu der Kommunikations-App, der jungen Generation gemausert hat. Snapchat ausgenommen, hat Microsoft 2015 seine Hausaufgaben gemacht:Ich behaupte, dass das App-Angebot von Windows Phone für 50 % der Österreicher vollkommend ausreicht. Wer nur standard Apps verwendet, wird mit dem Betriebssystem vollends zufrieden sein. Bis auf zwei Apps, nämlich Snapchat und YouTube, finde ich im Windows Phone-Store alles, was ich brauche: Facebook, Facebook Messenger, Twitter, Enpass, Vine, GoPro, Instagram, Skype, Spotify,  Swarm, Foursquare, Shazam, Wunderlist, WhatsApp, Uber, Tinder (6tin), Camera 360, Telegram und Wolfram Alpha.

Von den zwei fehlenden Apps ist Snapchat mein Problem. Genauso wie für Millionen andere. Ich bin mir sicher, dass Microsoft die Tragweite des Problems bekannt ist und in Redmond die Alarmleuchten auf Rot stehen. Aber mein derzeitiger Informationsstand sagt keine Besserung der Situation voraus, zumindest solange der unsympathische (!) Trottel-CEO von Snapchat auf seiner Meinung beharrt und Windows strickt ablehnt. Mit 6snap hatten Windows Phone-User  in der Vergangenheit lange eine perfekt funktionierende Third-Party App. Bis Snapchat vor einigen Wochen angefangen hat, die User der App zu sperren und Microsoft 6snap aus dem Store nehmen musste.

Ich wette, dass Microsoft schon mit einem guten Angebot an die Tür von Snapchat geklopft hat und die Entwicklungskosten der App übernommen hätte. Genauso, wie es damals bei Twitter, Facebook, Instagram und Vine gelaufen ist. Selbst Rudy Huyn, Entwickler der 6snap App, hat schon angeboten, den Source Code zur Verfügung zu stellen. Aber nichts – nada.

Nachdem mein Account auf Snapchat gebannt wurde, habe ich den Dienst einige Zeit lang gemieden. Aus Trotz. Und Wut. Aber irgendwann hat mich die Vergangenheit eingeholt und ich habe mich erneut angemeldet. Vor allem, weil ich wieder ein Teil der Community und Chats sein wollte. Und mir Snapchat immer viel Spaß macht. Ich benutze Snapchat derzeit am iPad … und ich bin zunehmend genervt davon. Die App gehört nämlich auf ein Smartphone.

2.) Apple

Snapchat ist aber nur ein Faktor, der anderer ist Apple selbst. In den letzten Tagen ist meine Faszination für Apple wieder aufgelodert. Nicht die Apple Watch, sondern die neuen Macbooks haben es ausgemacht. Genau das habe ich früher an Apple geliebt. Und jetzt ist es wieder da. Deswegen werde ich dem iPhone wieder eine Chance geben. Ebenfalls will ich Apples neuer Programmiersprache Swift eine Chance geben. Denn im Gegensatz zu Objective-C, mit dem ich mich nie wirklich anfreunden konnte, gefällt mir Swift sehr. Nachdem ich letztes Jahr zwei Windows Phone Apps im Store veröffentlicht habe, wird dieses Jahr ein Spaß-Projekt in Swift anstehen. Und ich kann es schon gar nicht mehr erwarten.

 


 

Aber nicht so schnell. Windows Phone und mein Lumia 930 bleiben. Nur nicht als primäres Smartphone. Die Entwicklung von Microsoft ist für mich aktuell eines der spannendsten Themen im Technologie-Sektor. Nicht nur wegen der Produkte, sondern  der Entwicklung des Konzerns an sich. Weg vom unsympathischen starren Klotz – hin zum dynamischen, sympathischen Underdog (der aber noch immer einen Haufen Kohle hat). Die technologischen Fortschritte von Windows 10 – vor allem die App-Plattform für eine breite Range von Devices, wo sich ein und die selbe App an Bildschirmgröße, Gerät und Eingabemethode anpasst – sind weit vor dem, was Apple und Google derzeit bieten. Microsoft ist wieder interessant und hat nichts mehr mit dem „old Microsoft“ zu tun.

Was ich außerdem in den letzten Jahren gelernt habe: Ich mag die Augen offen halten für alle Plattformen. Ja auch Android. Nicht jede Plattform funktioniert gleich. Jede hat ihre Eigenheiten, jedes Betriebssystem will anders bedient werden und unterstützt den User auf eine andere Art und Weise. Ich will mich nicht nur in die eine Richtung bewegen, die mir mein aktuelles Smartphone vorgibt, sondern die Vorzüge und Hindernisse jeder Plattform kennen. Interface- und Bedienkonzepte, UX und Workflows interessieren mich nicht nur privat, sondern auch beruflich und deswegen will ich eine losgelöstere, objektivere Sichtweise als ein typischer 1-Plattform-Fanboy.

Aber nicht nur was die Betriebssysteme anbelangt will ich unabhängiger sein, auch bezüglich der genutzten Dienste und Apps. Seit längerem steige ich bewusst auf Services um, die auf allen Plattformen verfügbar sind. Die Abhängigkeit von Diensten, die nur auf Device A funktionieren, will ich künftig so gering wie möglich halten. Deswegen haben Wunderlist und Enpass auch TeuxDeux und 1Password abgelöst. Auch will ich nicht abhängig von einer Desktop-Mobile Kombination sein. Ich will mobil ein Microsoft Smartphone verwenden können und am Desktop einen Mac. Oder eben umgekehrt. Ganz wie es die Zukunft will. Auf jeden Fall sollen mich Third-Party-Services nicht mehr davon abhalten.

Microsofts neuer Spirit zielt genau auf diesen Wunsch ab. Ganz egal auf welches Gerät der Kunde (also ich) wechselt, alle Dienste und Apps sollen mit ihm mitwandern. Ich will meinen Software-Stack so aufbauen, dass ich jederzeit Plattformen wechseln und mir die Systeme aussuchen kann, die gerade am besten zu meinen Workflow passen.

In diesem Sinne, Windows Phone, es waren geile drei Jahre. Und ich glaube es waren nicht unsere letzten Jahre. Aber jetzt brauch ich mal wieder ein iPhone. Wir sehen uns dann wahrscheinlich im Herbst mit Windows 10 wieder =)